Bar do Dutti – die schrillste Kneipe im Ort

Kürzlich an der Straßenkreuzung: Zarter Grillduft zwängt sich durch die Lüftungsschlitze unseres Leihwägelchens, direkt neben der roten Ampel steigen kleine Rauchwölkchen auf und geben uns Zeichen. Hirn an Magen: Knurren auslösen. SOFORT! Die Ampel schaltet auf grün und wir müssen wohl oder übel weiter. Im Vorbeifahren entdecken wir eine Straßenkneipe, die es uns sofort angetan hat. 🙂

Einige Tage später machen wir einen Abendspaziergang und steuern direkt auf die Pinte zu. Hier stehen ca. 15 kleine gelbe Plastiktischchen mit entsprechender Bestuhlung. Auf jedem Tisch stehen ein Döschen Öl, irgendetwas undefinierbares Rotes (vermutlich scharf) und Zahnstocher. Wir finden mit Mühe zwei freie Plätze und lassen uns mitten im Gewühl nieder. Kaum hat der Hintern den Stuhl berührt, stehen zwei Gläser auf dem Tisch. „Brahma ou Skol?“, werden wir gefragt und wir schließen daraus, dass es eben nur diese zwei Sorten Bier gibt. Wir entscheiden uns für das Bessere (Brahma) und schwups, steht eine eiskalte Pulle vor uns.
Ob wir auch ein Spießchen wollen, ist die nächste Frage.
Klar doch!
Schwein, Rind oder Käse?
Alles klar, es gibt drei Sorten. Wir nehmen Schwein und Käse.

Bis das Essen kommt, schauen wir uns ein bisschen um. Alle Sorten Leute sitzen hier: Männlein und Weiblein, reich und arm, Pärchen und Grüppchen, alt und jung, Aufgebrezelte und welche in Flipflops und Shorts. Der Kellner, das ist der mit der Hasenscharte – auf seiner ollen Kellnerjacke steht „Agnaldo“ und so wird er auch gerufen – ist offensichtlich der Bruder des Grillmeisters mit dem Hinkefuß.
Der steht an einer etwas größeren Regenrinne mit glühender Holzkohle drin und dreht auf drei Etagen Spießchen. Neben ihm ein kleines Tischchen, auf dem er seine Utensilien bereit hält. Notdürftig mit einer Plastiktüte abgedeckte Spießchen warten auf ihre kulinarische Vollendung, daneben ein hoffentlich nur von außen ziemlich schmuddeliges Glas mit getrocknetem Kräuterzeug und eine offene Schüssel mit Farofa (aus der Maniokwurzel gewonnenes, gewürztes „Sägemehl“, das hier fast über alles gekippt wird. Reißt mich nicht wirklich vom Hocker, aber man kann es essen).
Neben uns am Tisch ein Ehepaar, das direkt neben dem Tisch geparkt hat – was ausgesprochen praktisch ist, denn auf der Rückbank des Autos schläft ihr Kleinkind. Das kriegen wir aber erst im Laufe des Abends mit.
Um uns herum ist der Teufel los. Die Kreuzung ist auch am späten Abend noch Verkehrsknotenpunkt. Wüste Bremsmanöver erleben wir, Autos völlig ohne Beleuchtung, lebensmüde Motorradfahrer und ca. 15 herrenlose Hunde, die quer über die Kreuzung latschen. Mir bleibt mehr als einmal die Luft weg, meine Mit-vor-der-Kneipe-Hocker ficht das überhaupt nicht an. Die zucken nicht mal mit der Wimper, wenn Bremsen quietschen.
Unsere Spießchen kommen und prophylaktisch hat Agnaldo auch noch eine Pulle Bier dabei, die wir natürlich nicht ablehnen. Ist auch gut so, das Käseding ist nämlich ziemlich salzig … aber lecker! Es wird übrigens mit den Kräutern aus dem versifften Glas serviert, die sich als Oregano entpuppen. Passt gut zusammen. Zum Fleischspieß gibt’s das Sägemehl. Beides zusammen auf einem Teller und mit einmal Besteck (Messer und Gabel). Servietten bzw. kleine, wenig saugfähige Zettelchen finden wir zufällig hinter der Öldose. Wir bitten um eine zweite Gabel und kriegen auch eine. Nur die Gabel, kein Messer! Sehr rustikal, das ganze. :))
Die Spieße schmecken köstlich, wobei ich den gegrillten Käsespieß bevorzuge. Das ist eine Art Mozarella, leicht geräuchert und dann auf dem Grill gegart. Super lecker! Habe ich bisher nur in unserer Urlaubsgegend gefunden. … ok, Dutti hat eine stark gesalzene Sorte, um den Bierkonsum anzukurbeln. Nötig hat er das eigentlich nicht, die Kneipe brummt!
Wir hatten noch einige Bierchen und haben uns dann auf den Heimweg gemacht. Mit Handschlag wurden wir vom Chef und augenscheinlichen Erzeuger von Hinkefuß und Hasenscharte verabschiedet. Der hat die Fäden in der Hand und managt das urige Etablissement ohne Speisekarte und unnötigem Brimborium.

Bei unserem nächsten Besuch sind wir übrigens mit dem Auto hingefahren. Wir wollten auch mal direkt am Kneipentisch parken. :yes: Den Parkplatz haben wir gekriegt, den Tisch nicht. Noch nicht mal zwei frei Plätze! Unverrichteter Dinge mussten wir wieder abziehen, weil sich hinter der Ampel schon ein Grüppchen Leute angesammelt hatte, die ebenfalls Platz haben wollten.
Gestern Abend waren wir wieder da (eine Stunde früher) und hatten zweimal Käse und einmal Rind. Unseren Bierkonsum verrate ich hier nicht. ;D

Das ist mit Abstand die schrillste Kneipe, die wir bisher hier ausgemacht haben … aber genial!